Die Mieterinnen und Mieter der Mieterinitiative in der Weststadt haben sich dazu entschlossen einen offenen Brief an die Vermietungsgesellschaft und deren Vertreter zu senden.
Der Brief wurde am 18.12.2020 versendet und heute auch an die Öffentlichkeit.
Hier ist der Wortlaut:
Offener Brief:
Geplante Aufwertung bereitet MieterInnen Sorgen um den Verbleib in den Häusern der EBV
Sehr geehrter Erzbischof Dr. Heiner Koch, sehr geehrter Bernd Jünemann, sehr geehrter Hermann Puff, sehr geehrte Damen und Herren,
wir, die MieterInneninitiative EBV Göttingen, wenden uns heute an Sie wegen der bevorstehenden Baumaßnahmen betreffend der Häuser zwischen dem Margueritenweg und dem Hagenweg im Wohngebiet Blümchenviertel in Göttingen. Die Häuser sind seit 2015 im Eigentum des Erzbistums Berlin, verwaltet durch die EBV Immobilien Göttingen GmbH & Co KG, wie Sie wissen eine 100% Tochter der Erzbischöflichen Vermögensverwaltung. Wir leben teils seit Jahrzehnten in diesem Viertel und möchten in unseren Häusern wohnen bleiben.
Erst einmal vielen Dank, Herr Puff, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind und sich vor kurzem die Zeit genommen haben, um erstmalig öffentlich einige Informationen zu den geplanten Maßnahmen weiterzugeben. Auch wir sehen grundsätzlich einen Modernisierungbedarf.
Doch gibt es für etliche MieterInnen hier noch sehr viele Unklarheiten. Dies führt bei nicht wenigen zu Verunsicherung und Angst, nach den Baumaßnahmen nicht weiter in den Häusern wohnen bleiben zu können. Daher erwarten wir zukünftig eine offene, verbindliche und transparente Kommunikation sowie eine Beteiligung an den Planungen.
Einige von uns MieterInnen haben überhaupt erst vor wenigen Tagen über nachbarschaftliche Informationsweitergabe davon erfahren, dass derartig umfassende Renovierungs- und Umbaumaßnahmen überhaupt anstehen bzw. mit Beginn in wenigen Wochen in der Planung sind. Tatsächlich wurden bereits erste MieterInnen dazu aufgefordert, ihre Wohnungen zu räumen. Diese Vorgänge wurden bisher informell und ohne Absicherung für uns MieterInnen gestaltet.
Für ein vetrauensvolles und wertschätzendes Mietverthältnis sind uns insbesondere folgende Punkte wichtig:
- Wie werden Sie uns ab jetzt bei den Umbaumaßnahmen mit unseren Vorstellungen und Wünschen berücksichtigen?
- Wie werden Sie gewährleisten, dass zukünftig Informationen frühzeitg an alle kommuniziert werden?
- Die Miete für die Übergangswohnung darf nicht über der bisherigen Miethöhe liegen. Außerdem gehen wir davon aus, dass die Umzugskosten und Umzugshilfe von der EBV übernommen werden.
- Wir als MieterInnen brauchen Planungssicherheit und Gewissheit darüber, in welcher Wohnung wir zu welchen Konditionen endgültig wohnen. Vorzugsweise sollen die BestandsmieterInnen in ihre eigenen Wohnungen zurückziehen können. Falls nicht, wie können Sie uns zusichern, in welche der renovierten Wohnungen wir ziehen werden? Mehr als eine Übergangswohnung ist uns nicht zuzumuten.
- Wie hoch wird die zu erwartende, angepasste Miete sein? Es muss gewährleistet sein, dass die angepasste Miete von uns MieterInnen aufgebracht werden kann, damit wir in unseren Häusern wohnen bleiben können.
Insbesondere der letzte Punkt ist für uns MieterInnen dieses sehr durchmischten Viertels äußerst wichtig. Einige von uns beziehen Sozialhilfe und können sich einen drastischen Anstieg der Mietkosten schlicht nicht leisten. Hier muss die soziale Frage berücksichtigt werden. Das Blümchenviertel und insbesondere der Hagenweg ist seit jeher ein Wohnviertel, in dem auch einkommensschwache Schichten leben. Ein signifikanter Mietanstieg wird mit Sicherheit dazu führen, dass teilweise langjährige und alteingesessene MieterInnen aus diesem Block verdrängt würden. Dies kann sicherlich nicht im Interesse der katholischen Kirche sein. Es sollten daher unbedingt Mieten angestrebt werden, die für die hier lebenden Menschen auch bezahlbar bleiben. Das Erzbistum betreibt die Häuser vermutlich als Kapitalanlage und auch als eine soziale Investition. Wir hoffen, dass Sie beim Kauf bedacht haben, dass WIR in diesen, unseren Häusern leben und Sie es hier nicht mit einem auf Gewinnerzielung ausgerichteten Projekt zu tun haben. Wir schätzen und leben in Göttingen ein soziales Miteinander.
Bereits 2015 berichtete das Göttinger Tageblatt positiv über den Einsatz und die Übernahme der Immobilien aus den Händen der Vorbesitzer. Den zuversichtlichen Weg einer offenen und ehrlichen Kommunikation, der damals suggeriert wurde, möchten wir auch in Zukunft gehen, um auch vernünftig für die Zukunft planen zu können. Um es kurz zu sagen: Finden Sie mit uns eine Lösung! Lassen Sie die hier lebenden Menschen daran teilhaben, wie sich ihr Wohnraum und ihr Viertel in den kommenden Jahren und Jahrzehnten neu gestaltet. Geben Sie uns Sicherheit. Ihre bisherige Informationsgestaltung war uns diesbezüglich leider bisher noch zu wenig. Es ist der Gesamtsituation nicht förderlich, wie bisher auf informelle Einzelgespräche mit einzelnen MieterInnen zu setzen. Wir appellieren hier sowohl an Ihre städtebauplanerische sowie auch soziale Weitsicht! In Anbetracht der teilweise bereits erfolgten bzw. für die sehr nahe Zukunft von Ihnen erwarteten Auszüge der ersten MieterInnen bitten wir um möglichst rasche Antwort. Erwartungsvoll sehen wir Ihrer Berücksichtigung und Aufklärung der Sorgen und Unsicherheiten der MieterInnengemeinschaft bis spätestens zum 07.01.2021 entgegen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihre MieterInneninitiative EBV.
Brief Ende.
Wer direkt Kontakt mit der Initiative aufnehemen möchte, kann dies über kontakt@mieterinitiative-ebv.de tun.
Das Projekt ProFairmietung begleitet die Mieterinitiative in der Entstehung und unterstützt sie bei der Finanzierung von Räumen für treffen und druck von Flyern.
Der Frust von Eigentümern nimmt seit Jahren leider ständig zu.
Ich will zweifelsohne nicht sagen, dass einst alles besser war.
Jedoch mittlerweile kann man bei keinem Mieter mehr treugesinnt sein. Trotz Schufa-Auskunft, Mietnomaden-Datenbank und doppeltem Verdienst bleiben die Mietzahlungen schlichtweg aus.
Bei den aktuellen Immobilienpreisen überlege ich mir, die Immobilien zu liquidieren und das Geld anders zu investieren.